Dienstag, 24.9.2024 Erkundung von Eriwan
Eriwan, die Hauptstadt Armeniens, ist eine der ältesten kontinuierlich bewohnten Städte der Welt, die auf das Jahr 782 v. Chr. zurückgeht. Die Stadt liegt malerisch am Fuße des Berges Ararat und bietet beeindruckende Ausblicke auf den schneebedeckten Gipfel. Bekannt für ihre rosafarbenen Gebäude, die aus lokalem Tuffstein errichtet wurden, wird Eriwan oft als die "rosa Stadt" bezeichnet. Die Stadt beherbergt zahlreiche kulturelle Sehenswürdigkeiten, darunter das Matenadaran, eines der bedeutendsten Manuskriptmuseen der Welt. Der Platz der Republik, ein zentraler Ort in Eriwan, ist bekannt für seine prachtvolle Architektur und die abendlichen Wasserspiele. Eriwan ist auch das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum Armeniens, mit einer lebendigen Kunstszene, vielen Museen, Theatern und einem vielfältigen Nachtleben.
Ich habe recht gut geschlafen und habe dann im Frühstücksraum den schlafenden Portier auf einer Bank getroffen. Es war aber noch eine andere Frau da, die mir ein kleines Frühstück gemacht hat. Danach bin ich dann in das morgendliche Erivan hinausgegangen und habe die Stadt nun endlich mal im Hellen gesehen.
Es hatte nachts geregnet, aber jetzt sah es sehr freundlich aus.
Alle 100 m findet man hier kleine Kioske, die Kaffee, Tee und andere Getränke verkaufen. Bei Kaffee und Tee gibt es jeweils zehn unterschiedliche Varianten und die Preise sind lächerlich.
Der Menschenschlag hier hat vom Aussehen her eher einen östlichen Charakter, aber dass ich hier in Asien bin, davon merke ich nichts. Die Orientierung hier ist einigermaßen gut, die Straßenschilder sind teils in armenischer und teils in lateinischer Schrift verfasst, manche sind aber auch in kyrillisch . Offensichtlich habe ich das Zentrum oder die Altstadt verlassen und komme danach in ein einfaches Viertel mit engeren Straßen und auch nicht mehr ganz so schönen Häusern. Auch hier gibt es immer noch diese Kaffees, Shops und auch viele Kaffeeautomaten auf der Straße.
Mein erstes Ziel ist die Zoravar Kirche. Die Grundmauern dieser Kirche wurden um 1630 herum errichtet aber hier hat schon im 13. Jahrhundert eine Kapelle gestanden.
Die Kirche ist sehr klein und hat vielleicht 15-20 Stühle. Als ich herein kam, fand gerade ein Gottesdienst statt, so dass ich dann doch schnell wieder rausgegangen bin.
Ich komme dann in einem Viertel, dass sehr durch wahrscheinlich ehemalige russische Wohnblocks gekennzeichnet ist. Die Straßen hier sind teilweise achtspurig und die Anzeige auf der Ampel sagt, dass man in 24 Sekunden drüben sein muss. Ich bin zügig gegangen und habe es in 21 Sekunden geschafft . Kein guter Ort für ältere Leute.
Später bin ich an der Kaskade. Sie ist eine der Hauptattraktionen hier und liegt im Zentrum eines Viertels, in dem es viele Kunstmuseen und Galerien gibt. Auch in dem unteren Bereich der Kaskade sind viele Kunstwerke installiert. Hier stehen auch einige Werke des kolumbianischen Künstlers Botero, dessen andere Arbeiten ich schon in Columbien gesehen habe.
Es gibt immer wieder Idioten, die aus unerfindlichen Gründen diese unendliche Treppe hinauf steigen müssen. Unvorstellbar!
474 stufen später konnte ich es mir dann doch vorstellen.
Es war eine ziemliche Schinderei, obwohl heute wahrscheinlich nur 23° sind. Allerdings bei strahlenden Sonnenschein “im Schatten” gibt es hier nicht. Man kommt an mehreren Terrassen vorbei, die auch wieder mit Kunstwerken geschmückt sind.
Von oben hat man dann einen fantastischen Blick über die Stadt und sieht im Hintergrund etwas versteckt von den Wolken, den Gipfel von Mount Ararat. Eine Schinderei, zweifelsohne, aber der Blick belohnt einen dann doch. Zwischendurch habe ich noch ein deutsches Pärchen getroffen, die mit mir im Flugzeug gesessen hatten. Man kennt sich…
Die Kunstwerke unten auf der untersten Plattform sind alle sehr modern und für meinen Geschmack hervorragend zusammengestellt.
Aufgefallen ist mir unter anderem eine Plastik, die einen Elefantenrüssel zeigt, der aus einer schmalen Öffnung fragt. Das Werk geht zurück auf eine Geschichte aus der Zeit um 300-200 v. Chr. es war, als der Feldherr Pyrrhus mit Gaius verhandelte. Als das nicht funktionierte, entschied er sich für eine Schocktherapie und öffnete einen Vorhang, hinter dem der Rüssel eines Elefanten zum Vorschein kam. Gaius, der so ein Tier noch nie gesehen hatte, lenkte schnell ein.
Ich habe mir dann ein Yandex Taxi besorgt, das ist das hiesige Equivalent zu Uber und bin zum Bahnhof gefahren. Es geht wieder über sehr breite Straßen mit sehr dichten Verkehr, und die meisten Straßen sind von riesigen alten Bäumen gesäumt. Es sind überwiegend Platanen, die aber Schatten und etwas Kühle bieten.
Es ist ein alter Bahnhof, der in dem sehr aufwändigen Stil der russischen Herren (wahrscheinlich) gestaltet wurde. Es ist eine riesige Halle, die aber sehr leer ist, zumindest um diese Zeit. Es gibt einen wunderschönen riesigen, aber auch sehr karg wirkenden Wartesaal und ein paar Schalter, wo man Tickets kaufen kann .
Ich tue das und erwerbe ein Ticket nach Gyumri für den 28.. Der Preis ist lächerlich. So motiviert habe ich mir dann auch noch ein Eis gekauft. Aller Wahrscheinlichkeit nach sind in dem Eis sämtliche in Armenien verfügbaren Chemikalien verarbeitet worden. Aber es schmeckt ganz gut.
Von hier aus ging es dann weiter zum Platz der Republik. Es gibt hier auch eine U-Bahn und die galt es jetzt auszuprobieren. Hier zeigt sich das, was ich bereits im Reiseführer gelesen habe: die Leute hier sind sehr freundlich und hilfsbereit. So war es auch hier, die sehr hübsche Aufpasserin am Eingang der Metro zeigte mir das richtige Gleis, wo ich Tickets kaufen konnte, und wie man durch die Sperre kommt. Und alles mit einem Lächeln. Der ganze Spaß hat 100 Lari gekostet, also umgerechnet 0,25 €.
Ich fahre bis zum Platz der Republik und laufe dann durch eine Fußgängerzone vorbei am Charles Aznavour Platz in der Richtung des historischen Museums.
Zwischendurch mache ich einmal einen Halt, um Kaffee zu trinken und wenigstens mal einen Moment zu sitzen. Mein erster Eindruck von Erivan: es ist keine wirkliche Altstadt, Gebäude scheinen alle weniger als 70 Jahre alt zu sein. Man sieht viel, die typischen Sozialismus, Architektur, die sich in sehr gewaltigen Manchmal pompösen Stilen zeigt.
Ab und zu gibt es schöne alte Gebäude, aber die muss man auch ein wenig suchen. Das herrliche Wetter taucht die Stadt in einem freundlichen Glanz und die vielen jungen Leute auf der Straße strahlen auch etwas frisches aus. Die Autos sind überwiegend modern und nur wenige ältere servierte Modelle tauchen auf. Die Menschen hier wirken nicht arm, obwohl manche Häuser zumindest von außen ziemlich gruselig aussehen. Ich dachte vorhin, ich hätte die Altstadt verlassen, aber wenn wir hier von dem zentralen Kern von Erivan sprechen, ist er relativ groß, und ich bewege mich die ganze Zeit darin.
Vor dem historischen Museum wartete erst mal eine riesige Menschenmenge, die alle Tickets haben wollen. Ich habe mich dann geduldig angestellt und so nach einer Viertelstunde hatte ich das begehrte Papier in der Hand.
In dem Museum sind viele Exponate ausgestellt aus dem sechsten bis zum vierten Jahrtausend v. Chr. Es sind Schmuckgegenstände, Behälter und Werkzeuge. Man sieht kunstvolle Speerspitzen oder Axtschneiden aus Obsidian und anderen harten Materialien. Eines der Highlights ist sicher der älteste Schuh, der jemals gefunden worden ist.
In einem See hat man alte Transportkarren gefunden, die aus dem dritten Jahrtausend vor Christi Geburt stammen.. Typisch für solche Ausstellungen sind auch die Unmengen von Waffen, die man derzeit gefunden hat. Offensichtlich wurde sich schon immer gestritten.
Bei Beginn der Neuzeit wurde der Einfluss von Persien und von den Römern immer größer. Die Armenier hatten die Befürchtung, ihre Identität zu verlieren. Im Jahre 387 hat Mesrop Mashtots zusammen mit seinen Studenten das armenische Alphabet erschaffen. Jeder Ton sollte ein Zeichen sein und so kann man auf 36 Zeichen. Es gilt als Meisterwerk.
Im elften und zwölften Jahrhundert n. Chr. hat man begonnen, Klosterschulen einzurichten, die die Vorläufe der heutigen Universitäten waren. Es wurden die sieben freien Künste gelehrt, das war Grammatik, Rhetorik, Logik, Geometrie, Arithmetik, Musik und Astrologie.
Ein anderer Teil des Museums zeigt die Kunst des Teppichknüpfens, die wie auch in der Türkei auf hohes Niveau gebracht wurde. Es sind viele traditionelle Muster zu sehen, darunter aber auch ein paar kreative Teile.
Die Teppiche werden generell aus Schafwolle gemacht, sind Handgeknüpft und werden mit natürlichen Farben behandelt. Es geht immer um eine sehr klare Geometrie, rhythmische Kompositionen und meistens gibt es ein zentrales Medaillon. An der Art der Teppiche beziehungsweise des Musters kann man die Region erkennen oder das Dorf oder den See, an dem diese Teppiche hergestellt wurden.
Nach einer kurzen Pause in meinem Hotel habe ich mich dann noch mal auf den Weg gemacht zum Genozidmuseum.
Dafür habe ich mir wieder ein Yandex Taxi gegönnt, auf das ich aber jetzt am Nachmittag auch ein paar Minuten warten musste. Die Autos, die an mir vorbeifahren haben überwiegend armenische Kennzeichen oh man sieht auch welche aus Russland und aus Georgien. 60-80 % der Autos sind relativ neu, also jünger als zehn Jahre.
Mein Auto ist ein alter Opel Astra. Der Fahrer kämpft sich durch den dichten, zunehmenden Feierabendverkehr. Autofahren ist hier kein Vergnügen. Der Wagen ist schon relativ alt, und das wertvollste dürfte das Blaupunkt Radio mit abnehmbaren Bedienteil (ja sowas gab es früher mal) sein. Aber die Karre fährt, was soll’s.
Vor dem Memorial sind auf einer großen Fläche viele Bäume gepflanzt worden. An allen steht ein Schild, wer diesen Baum gepflanzt hat. Es sind sehr viele Präsidenten von Staaten, Päpste und andere hochrangige Politiker, die hier in Gedenken an den Genozid einen Baum gepflanzt haben. Dahinter öffnet sich dann der Blick auf das Mahnmal und auf die darunter liegende Stadt.
Im Inneren des Mahnmals gibt es Blumenschmuck, ein ewiges Feuer, und es klingt kirchliche Musik.
Auch hier ist wieder dieser tolle Blick über die Stadt. Nur leider versteckt sich der Mount Ararat wieder hinter dem Wolken. Der Berg ist das Wahrzeichen von Armenien, liegt aber heute in der Türkei. Und das bringt uns zu der Geschichte.
Die Türken sind in das Land eingefallen und haben aus den Armeniern direkt Menschen zweiter Klasse gemacht. Sie durften keine Waffen tragen, gingen nicht zum Militär, mussten aber die doppelte Steuerlast tragen. Weiterhin wurde Land annektiert. Dort wurden Muslime angesiedelt, und die Armenier wurden vertrieben.
1894-96 wurden die ersten Massenerschießung durchgeführt, 1909 folgte dann ein größerer Genozid im Westen.
Danach wechselte die Regierung in der Türkei, und man begann mit großflächigen ethnischen Säuberungen im Balkan und in Armenien. Während des ersten Weltkrieges wurden die Bemühungen verstärkt, jetzt auch mit den Freunden aus Deutschland.
Von hier aus geht es in einer endlosen Reihe weiter, wo Armenier und auch andere nicht-Muslime systematisch verfolgt und getötet wurden. Die Türken haben auch extra drauf geachtet, die Intellektuellen zu töten, um so dem Volk die Kraft zu nehmen.
In einem anderen Bereich des Museums werden Geschichten von einzelnen Armeniern erzählt, die aus ihrem Land vertrieben wurden, dann wieder gefangen genommen wurden und so weiter. Es sind einfache Leute, die eine lange Flucht hinter sich hatten, dann irgendwo überwiegend im westlichen Ländern wie Frankreich oder Deutschland den Frieden gefunden haben.
Es sind furchtbare Geschichten
Während die Männer in der Regel sofort erschossen wurden, wurden Frauen und Kinder auf lange Deportation-Trecks geschickt.
Dort waren sie vogelfrei und wurden physischer und sexueller Gewalt ausgesetzt. Die Muslime wurden aufgefordert, sich aus diesen Trecks Frauen und Kinder herauszuholen und sie als Sklaven, Schafhirten, Haushälterin, Frauen oder Gespielinnen zu benutzen. In der Regel wurden diese Sklavinnen tätowiert.
Zwischen 1933 und 1945 fand dann der Genozid seinen Höhepunkt in massenhaften Abschlachdungen von Armeniern.
Die Bemühungen der Türken richteten sich allerdings nicht mehr nur auf Armenien, auch die Assyrer , die Syrer und die Griechen und wie gesagt auch der Balkan litten unter dem ottomanischen Empire.
Fazit: es war mir von vornherein klar, dass das hier kein gute-Laune-Besuch wird. Am Rande habe ich ein paar Dinge über den Genozid gelesen, aber wenn das hier so massiv präsentiert wird, kriegt man schon einen Schock. Es ist furchtbar, was die Menschen sich hier angetan haben und auch in Deutschland oder in Vietnam oder in vielen anderen Ländern, wo man ganze Völker ausgelöscht hat. Hier waren es 1.5 Millionen Opfer. Das geht nun schon seit tausenden von Jahren so und scheint auch nicht aufzuhören. Also keine gute Laune!
Die Frau meines Schwagers stammt aus Armenien. Sie ist mit ihrer Familie über Beirut und Istanbul nach Deutschland gekommen und ihre Mutter Anna hat immer noch sehr dunkle Erinnerungen an die Flucht. Nachvollziehbar.
Auf dem Parkplatz vom Museum standen auch einige Wohnmobile. Zwei davon aus Russland zwei davon aus Deutschland, einer kam sogar aus Düsseldorf.
Auf dem Rückweg habe ich dann wieder auf einem Yandex zurückgegriffen, und der war auch noch wenigen Minuten da. Es war ein historischer VW Vento, der ein langes, mühsames Leben hinter sich hatte. Die Fenster waren vorne offen, weil er natürlich keine Klimaanlage hatte und weil der Fahrer rauchte . Außerdem schrieb er während der rasanten Fahrt Textnachrichten.
Hinten konnte man die Fenster leider nicht öffnen, weil die Kurbeln abgebrochen waren. Aber der Wagen fährt und fährt und bei den Preisen will ich mal nicht meckern.
Danach bin ich in einem Tempel gegangen. Von außen bombastisch und innen? Eine riesige Halle, wo man einen ebenso riesigen Supermarkt und einen Foodcourt untergebracht hatte. Die Location war schon mal fantastisch und außerdem hatte ich ein kleines Hüngerchen.
Ich fand eine Kleinigkeit und machte 5 Minuten Pause.
Danach machte ich noch einen finalen Besuch an der blauen Moschee. Sie liegt an einer großen Straße und ist durch einen engen Zugang zu betreten.
Man kommt erst in einen kleinen Garten, rechts und links sind kleine Nischen, in denen ebenso kleine Shops sind.
Die erinnern mich total an einen fast kreisrunden Hof in der Nähe von Kathmandu in Nepal, wo auch solche Nischen waren, in denen dann vereinzelt heilige Männer (Sadhus) saßen. Ich bin damals mit einem ins Gespräch gekommen und es war ein bisschen creepy aber auch sehr interessant. Die gleiche Architektur fand ich auch hier.
Am Kopf der Anlage ist dann die Moschee mit einem wunderbar bunten Dach und einem ebensolchen Turm für den Muezzin daneben. Innen drin ist die Moschee sehr schmucklos und natürlich gibt es getrennte Eingänge für Männer und Frauen. Also mehr als “gesehen und Haken dran” war nicht drin.
Eines sehr reichen Tages.
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