Freitag, 27.9.2024, Besuch von Khor Virap, Noravank und Jermuk
Eriwan waren wir schon lange ein Begriff, auch bevor ich wusste, dass es die Hauptstadt von Armenien ist. Grund dafür ist eine ganze Serie von Witzen, die so in den sechziger siebziger Jahren kursiert sind. Es war so eine Serie wie die Blondinen Witze, die Manta Witze oder die Ostfriesenwitze.
Radio-Eriwan-Witze sind eine Form des politischen Humors, die in der ehemaligen Sowjetunion sehr beliebt waren. Die Witze beginnen oft mit der Frage „Ist es wahr, dass…?“ und die Antworten beginnen oft mit „Im Prinzip ja, aber…“. Hier sind zwei typische Radio-Eriwan-Witze:
1. **Frage:** „Ist es wahr, dass ein Lada in der Sahara als Hauptpreis in einer Lotterie verlost wurde?“
**Antwort:** „Im Prinzip ja, aber es war kein Lada, sondern ein Fahrrad, und es wurde nicht in der Sahara, sondern in Moskau verlost. Und es war auch nicht der Hauptpreis, sondern der Trostpreis.“
2. **Frage:** „Ist es wahr, dass die Zukunft immer besser wird?“
**Antwort:** „Im Prinzip ja, aber es ist nicht unsere Zukunft, sondern die der nächsten Generationen.“
Diese Witze spiegeln oft die Ironie und die Schwierigkeiten des Lebens in der Sowjetunion wider, wobei sie auf humorvolle Weise die Diskrepanz zwischen Propaganda und Realität aufzeigen.
Heute musste ich mal wieder früh aufstehen und bin dann nach einem kleinen Frühstück durch die noch schlafende Stadt gelaufen. Offensichtlich kann Erivan auch mal nicht hektisch und laut sein. Die Gruppe heute bestand überwiegend aus Armeniern und vier Leuten, die die Erklärung auf Englisch brauchten. Darunter auch ein netter Typ, den ich schon auf der letzten Tour getroffen hatte.
Heute werden wir längere Zeit im Auto sitzen, weil die Orte, die wir besuchen wollen, etwas weiter weg sind von der Hauptstadt. Wir kommen an Feldern vorbei, und in manchen kleinen Ortschaften sieht man verlassene Storchennester. Die Tiere ziehen im Oktober zum überwintern in den Irak. Im Hintergrund ist allgegenwärtig der Kaukasus.
Die Stadt Arad, wo wir als erstes hinfuhren, ist circa 200 Jahre vor Christi Geburt gründet worden, sie wurde aber 100 Jahre nach der Geburt wieder verlassen.
Und dann erreichen wir Khor Virap.
Khor oder auch Chor Wirap ist ein Kloster, das 40km südlich von Eriwan direkt in Sichtnähe zur Türkischen Grenze liegt. Der Legende nach hat hier im 3. Jahrhundert ein König den Gründer der Armenischen Kirche eingesperrt, um ihn vom Christentum abzubringen. Der Kirchendiener hielt das 13 Jahre durch und der König setzte ihn danach nicht nur frei, sondern er ließ sich auch taufen.
Für die Armenier ist das hier das bedeutendste Kloster/Gotteshaus.
Als erstes gehe ich in eine kleine Kirche, wo es dann zwei Abgänge gibt in den Untergrund. Die erste ist eine extrem steile Treppe eher eine Leiter und man kommt in eine noch kleinere Zelle.
Der andere Weg führt über eine Leiter circa 30 Sprossen hinab, bevor man auch wieder auf eine sehr steile Treppe kommt Alles ist natürlich stockdunkel und offen gestanden auch nicht ungefährlich. Die Sprossen und die Stufen sind ziemlich glatt.
Diese unterirdische Kammer war für 13 Jahre das Gefängnis von Gregory.
Die Story in Kurzform: Die König hatte sich mit dem sehr klugen, Gregory angefreundet und sie unternahmen viel zusammen. Einmal ging der König zu einer religiösen Zeremonie, aber der Mönch wollte ihm nicht folgen. Daraufhin wurde der König wütend und ließ den Mönch hier in Khor ins Gefängnis werfen.
Eine Gruppe von Nonnen ist aus Rom geflüchtet, weil sie da verfolgt wurden und die sind hier nach Armenien gekommen. Aber der hiesige König verliebte sich in eine von den Nonnen und wollte sie heiraten. Sie lehnte das aber ab darauf wurde der König sehr zornig und ließ die Nonnen alle töten. Dann wurde er sehr krank und keiner seine Ärzte/innen konnte ihm helfen. Da wurde ihm gesagt, dass Gregory eventuell über solche Kräfte verfügen könne.
Gregor kam frei und betete für den König, und der wurde wieder gesund. Daraufhin erkannte er, dass das Christentum vielleicht doch die bessere Alternative sei, und lies für jede der toten Nonnen eine Kirche bauen. Dann ging er mit seinem Hofstaat und seinen Soldaten und auch mit vielen Bewohnern der Gegend zum Fluss und ließ sich taufen. Dieser Fluss ist heute der Grenzfluss zwischen Armenien und der Türkei.
Man kann ihn von hier aus sehen und auch eine Moschee auf der türkischen Seite ist on Rufweite. Geradeaus ist die Türkei, links daneben der Iran und noch weiter links Aserbaidschan.
Wir fahren weiter und kommen durch Gegenden mit Obst und Weinanbau und fahren sehr dicht an der Grenze von Aserbaidschan entlang.
Wir fahren ein Stück in die Berge und sind zwischendurch auf 1900 m. Dann geht es aber auf der hervorragend Straße wieder runter auf 1500. Ich denke eine Straßenkarte braucht man ja nicht, wenn ich auf Google Maps schaue, sehe ich nur zwei Straßen. Die kann man im Kopf behalten.
Kurz vor Noravank kommen wir an der Höhle vorbei, in der unter anderem das älteste Paar Schuhe gefunden worden ist. Die 5600 Jahre alten Treter habe ich im historischen Museum in Jerewan gesehen.
Die letzten 2-3 km ging es dann in die Berge. Die Straße war weiterhin ausgezeichnet, aber sehr steil. Der Sprinter kämpfte sich hoch. Der Fahrer wechselte immer zwischen dem ersten und zweiten Gang, aber der zweiten Gang war nicht die gute Idee.
Ich denke einige Fahrgäste haben in Ihren Sitzen gesessen und vor sich hin gemurmelt: du schaffst es, du schaffst es. Und sie hatten recht, wir kamen tatsächlich oben an, aber über die Motortemperatur kann ich nur Vermutungen anstellen.
Das Kloster liegt sehr einsam auf dem Berg, umgeben von einem fantastischen Berg Panorama. Es besteht aus mehreren Gebäuden und Kirchen und es scheint auch einen Untergrund zu geben aber von oben sieht es so aus, als ob da unten Wasser ist. Also verzichte ich aufs klettern. Später erfahre ich, dass hier Lebensmittel gelagert wurden.
An der Hauptkirche gibt es ein interessantes Detail: wenn man den unteren Eingang benutzt, kommt man nicht in die Kirche, sondern nur in einem Raum, wo man Kerzen anzünden kann. Die Kirche ist oben! Man muss über die sehr schmalen Stufen nach oben steigen und dann durch die obere Tür eintreten. Heute ist die wegen der Sturzgefahr geschlossen.Wir sehr nette Guide erzählt uns bei der Gelegenheit auch, dass es hier in dieser unwirklichen Gegend auch viele Tiere gibt. Es sind vor allem Mufflons, die hier in den Bergen herumklettern, aber auch Leoparden, Bären und Luchse.
Ein weiteres interessantes Detail ist auch, dass es über der Kirche über dem Portal eine Abbildung von Gott gibt. Diese Bildhauerarbeit ist die einzige Abbildung dieser Art hier im Land.
Heute gibt es hier keine Mönche mehr, weil in den zwanziger und den dreißiger Jahren die Russen alle intellektuellen und so auch die Mönche entweder getötet oder nach Sibirien geschickt haben.
Und weiter ging die Tour nach Noravank.
Das Kloster Noravank ist ein Kloster aus dem 13. Jahrhundert. Die ersten Gebäude wurden aber schon im 9. und 10. Jahrhundert errichtet. Es steht auf der „Prüfliste“ für das UNESCO-Welterbe.
Als wir dann weiter fuhren, schien es, dass der Bus eine Steigungen immer mehr Probleme kriegte. Als er dann auch noch anfängt zu pfeifen (Keilriemen?) Verstärken sich die Sorgenfalten des Wales. Hoffentlich hält die Karre durch, dachte ich.
An einem Foodcourt haben wir dann angehalten und der Fahrer hat begonnen, das Fahrzeug zu reparieren. Als wir fertig mit Essen waren, war er noch nicht fertig, als ich ihn dann mit etwas Klebeband in der Hand sah, wurde mir doch komisch.
Aber er reparierte dann einen Schlauch, doch etwas professioneller und machte danach einen ganz zufriedenen Eindruck. Aber schon bald zeigte sich, dass der Wagen so gut wie keine Leistung mehr brachte. Auch an leichten Bergen ging es teilweise nur im ersten Gang, und im Auto atmete keiner weil wir einfach gehofft haben, dass er den Berg hochkommt. Aber hier in der Gegend ist nach dem Berg auch vor dem Berg. Der Fahrer ist gnadenlos weitergefahren, obwohl mit dem Auto ganz offensichtlich etwas nicht stimmt. Zylinderkopf?
Dann ist die Fahrt zu Ende. Nichts geht mehr. Wir halten an und unser Guide versucht, ein neues Auto zu bekommen. Etwas über 2 Stunden Entfernung von Erivan ist das natürlich nicht einfach. Die Reisegesellschaft trägt den Namen One way Tour, und jetzt macht sie ihren Namen alle Ehre. Hin, ja, zurück, nein. Shit.
Aber dann ergab sich eine Lösung, hier in der Gegend war ein Wagen verfügbar, der auch genug Platz für 19 Gäste hatte. Der könnte in 20 Minuten bei uns sein. Ein Glück, dass das ganze auf der Hauptstraße passiert ist und ein weiteres Glück, dass der Wagen wenigstens in einer Stadt verreckt ist. Da sind die Möglichkeiten generell besser.
Die ganze Geschichte wirft natürlich meine Pläne etwas durcheinander, wir kommen heute Abend ohnehin ziemlich spät erst nach Erivan zurück und ich muss noch packen und habe auch noch kein Restaurant für heute Abend. Aber irgendwie werde ich das hinkriegen.
Der neue Bus kam dann auch, aber es zeigte sich, dass er vier Plätze zu wenig hatte. Also neue Krisen-Telefonate. Schließlich entschied sich unser Führer, ein zusätzliches Taxi zu ordnen, dass die überzähligen Passagiere befördern sollte. So fuhren wir jetzt mit dem Ersatzbus weiter. Es zeigte sich bald, dass auch dieser Bus an dem Steigungen nicht der flotteste war, aber er schien durchzuhalten. Wie auch viele Taxis, die ich bisher benutzt habe, hat auch dieses Auto große Sprünge in der Scheibe. Steinschlag scheint hier echt ein Problem zu sein.
Wir fahren über endlose Straßen mit vielen Kurven, bergauf und bergab. Rechts und links sind struppige Gräser und einige Büsche zu sehen. Ansonsten sind es nur sanfte Hügel und ab und zu mal eine Stromleitung.
Endlich kommen wir nach Jermuk.
Jermuk ist bekannt für seine kalten und heißen Quellen. Hier wird Mineralwasser abgefüllt und außerdem ist die Stadt Ort für Schach-Meisterschaften. Einen Wasserfall gibt es hier ebenfalls.
Der Wasserfall hat eine Rapunzel-Geschichte. Er ist die Königstochter, die Seile aus ihrem Fenster gehängt hat, um den Liebhaber zu empfangen. Der König wollte das nicht und hat ihr die Seile weggenommen. Daraufhin hat sie ihr Haar aus dem Fenster gehängt. Aber als der Liebhaber dann nach dem Haar griff, verwandelte sie sich in eine Meerjungfrau und schwamm den Fluss hinab. Ih Haar aber blieb da und bildet nun den Wasserfall .
Zu diesem Wasserfall sind wir dann gelaufen und er war wirklich ganz schön. Es war auch wieder schön, zu sehen, wie vor allem die Frauen mit dem Wasserfall im Hintergrund „schöne Fotos“ gemacht haben. Ganz in der Nähe des Wasserfalls war dann auch noch ein natürlicher Bogen im Fels, den wir uns selbstverständlich auch ansehen mussten. Man muss halt zeigen, was man hat.
Und weiter ging die Fahrt. Zum Leidwesen meines Hintermannes ließ sich meine Lehne nicht arretieren , sondern blieb in der hinteren Stellung, so dass er wenig Platz hatte. Er versuchte das irgendwie zu reparieren aber sagte dann irgendwann: kaputt! Scheiße kaputt!
Wir hielten dann auch an einem kleinen, künstlichen See, wo sich auch die Halle mit dem Mineralwasser befand. Es ist eine heiße Quelle, deren Wasser über verschiedenen lange Leitungen hierher transportiert wird, so dass an jeder Zapfstelle eine andere Temperatur herrscht. Die erste Leitung ist bei circa 30°und die letzte bei 75°. Im See gibt es eine schwimmende Insel, die ein Café beherbergt. Cool!
Der nette Typ, den ich schon von der letzten Tour her kannte, ist Spanier. Er kommt aus dem Norden von Spanien in der Nähe von Bilbao. Er reist genau andersherum: er war erst in Georgien und bereist jetzt dieses Land. Ein anderes Pärchen kommt aus Russland und ist wieder erwarten sehr sympathisch. Es ist eine verrückte Welt! Wir sind hier ziemlich hoch (2100m) und es ist einigermaßen kühl hier, vielleicht 16°.
Zum Schluss ging es dann auch noch nach Areni.
Areni ist ein Dorf auf 1000m Höhe und bekannt durch eine aus dem 14. Jahrhundert stammende Kirche. Dort ist auch eine Höhle, in der der älteste, jemals gefundene, vollständige Lederschuh gefunden wurde. Heute leben dort ca. 2000 Menschen.
Wir sind aber nicht wegen der Schuhe hier, sondern um Wein zu kosten. Es gibt hier eine größere Kellerei, die bekannt sind, ist für gute lokale Weine. Ich probiere 2-3 Sorten und tatsächlich ist ein mittelsüßer. leicht lieblicher Rotwein mein Favorit.
Aber jetzt habe ich auch keine Lust mehr. Es ist spät, und ich muss morgen wieder früh aufstehen, da mein Zug sehr früh geht. Es sind jetzt noch 2 Stunden bis Yerevan und ich weiß, dass der Feierabendverkehr so um 8:00 Uhr seinen Höhepunkt erreicht. Und so kam es auch.
Die letzten 5,5 km sollten laut Google Maps 28 Minuten dauern. Es war ein langer Tag und so bin ich direkt von der Stelle, wo man uns rausgelassen hat, in die Straße mit den Restaurants gegangen.
Oh Wunder: es war Freitag, und vor jedem Restaurant standen 5-8 Leute.
Ich bin dann in eines der Restaurants gegangen, wo ich am ersten Tag war, das war zwar auch voll aber auf der sehr zugigen Terrasse war noch etwas frei. Da habe ich gegessen und auch ein Bier getrunken und das war es für heute. Ein langer Tag. Aber auch ein schöner Tag. Die Klöster waren atemberaubend und die Gegend noch viel mehr. Auch war heute der Guide deutlich besser als die junge Frau vor zwei Tagen. Hat sich gelohnt!
Deine heutige Bilanz ist sehr interessant, und deine Reise ist immer voller Abenteuer.
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